Sonntag, 1. September 2013

Abschied

Hallo ihr alle!

Jetzt ist es plötzlich so weit. Der letzte Tag in Peru ist angebrochen. Morgen früh geht es zum Flughafen und dann heißt es 'Adiós, geliebtes Peru'. Ich hoffe, ich werde schon ganz bald zu dir zurückkehren können.
Es ist unfassbar, dass dieses Jahr nun schon vorbei ist.

Eigentlich gäbe es eine Menge über die letzten drei Wochen hier in Lima zu berichten, doch da mein noch nicht komplett gepackter Koffer auf mich wartet, die Flasche Pisco noch nicht gekauft ist, ein allerletzter Marktgang noch ansteht und heute Abend meine letzte Messe stattfindet, nach der ich mich von all meinen süßen Kleinen und sonstigen Personen in der Ciudad verabschieden muss, gibts hier nur eine ganz kurze Meldung.
Nur, um euch allen mitzuteilen: Ich komme nach Hause! Am Dienstag um halb drei werde ich auf dem Frankfurter Flughafen nach einem Jahr wieder einmal deutschen Boden betreten.

Es ist ein unglaublich seltsames Gefühl. Da packt man plötzlich ein komplettes Jahr, das so voller Erlebnisse war, in einen Koffer und einen Rucksack. Die Fotos werden von den Wänden genommen, ein komplett leeres Zimmer liegt vor einem und alle Abschiedsgeschenke liegen wartend im Regal.

Die letzten zwei Wochen waren schon sehr geprägt vom Verabschieden, eine Despedida nach der nächsten.
Ich hätte nicht gedacht, dass es so schwer werden wird, zu gehen.

Ich werde dich vermissen, mein Peru, mit deinen vielen lieben Menschen und allem, was dich ausmacht.
Doch auch die Freude auf Zuhause ist nicht verschwunden, denn auch dort warten viele liebe Menschen auf mich.

Bis Übermorgen!

:-*

Montag, 19. August 2013

Winterferien

Winterferien im August, das hatte ich auch noch nie. Aber gut, dieses Jahr ist ja alles ein wenig anders... Es waren mal wieder wohlverdiente zwei Wochen Ferien, die uns da erwartet haben. Nach vielen fleißigen Arbeitswochen und dem Erscheinen der Kälte war etwas ruhige Erholung in der Sonne nötig.
Für mich ging es dabei noch einmal in die Anden, die Sierra Perus gefällt mir am Besten. Ausgesucht habe ich mir dabei die Stadt Huancayo, die in den Zentralanden liegt, und deren Umgebung. Eigentlich einfach nur, weil ich in diesem Gebiet noch nicht war und gerne noch etwas Andenstädte und schöne Natur besichtigen wollte.
Mit Kati, einer meiner Mitfreiwilligen, die für vier Monate in der Ciudad ist und auch aus Deutschland kommt, habe ich mich dann dem Nationalfeiertag aufgemacht. Durch die Feierlichkeiten waren im ganzen Land sowohl Busse als auch Hostals viel teurer als normalerweise, was wir alle feststellen mussten, als sich jeder sein Busticket gekauft hatte.
Die eigentlich sieben Stunden lange Fahrt zog sich dann dank Limas unglaublichem Verkehr etwas hin und so kamen wir schließlich mit über drei Stunden Verspätung nachts auf 3270 Metern an.


Unser Plan für die kommenden Tage war, alles gemütlich anzugehen, Peru und die Anden zu genießen und alles Weitere nach Huancayo spontan zu entscheiden. So verbrachten wir unsere Tage mit vielem in der Sonne Lesen, Bändchen knüpfen und haben täglich mindestens eine fette Portion Jugo (leckerer frischer Obstsaft) getrunken.

Die Stadt selbst war dann doch erstaunlich groß, wir hatten sie eigentlich viel kleiner eingeschätzt. Dank Katis und meinem absolut nicht vorhandenen Orientierungssinn haben wir uns in den drei Tagen, die wir dort waren, ungefähr acht Mal verlaufen. Der Stadtplan, den wir hatten, hat uns aber nach einigem hin- und herdrehen irgendwann doch immer ans Ziel gebracht... Und so haben wir wenigstens Teile der Stadt erkundet, in die man sonst eher nicht kommt.


Zu unserem Programm in und um Huancayo gehörten schließlich folgende Dinge:
  • der Besuch eines Dörfchens, in dem Wollsachen hergestellt werden (wir hatten uns schon auf besondere Sachen gefreut, allerdings gab es mal wieder fast nur die gleichen Dinge wie überall...)



  • der Besuch eines Dörfchens, in den Silberschmuck hergestellt wird (wo leider auch nichts Besonderes dabei war, der Markt dort war aber richtig cool)



  • der Besuch eines Dörfchens, in dem Forellen gezüchtet werden (die Forellen haben wir nur nicht gefunden, im Dörfchen selbst gibt es absolut überhaupt nichts)


  • der Besuch eines Klosters (zufälligerweise von den Franziskanern, das einen coole alte Bibliothek besaß, eine Menge alter Bilder, einen total bunt angemalten Raum und eine Ausstellung ausgestopfter Tiere aus der Selva mit gewöhnungsbedürftigem Geruch)

  • eine kleine Wanderung zu einem schönen See und ein Aufstieg zu Ruinen, von denen man eine unglaublich tolle Aussicht auf das Tag hatte (am Seeufer selbst konnte man sich leider nicht hinsetzen und lesen, da alles voller Schilf war – so haben wir uns ein wenig entfernt ein nettes Plätzchen in der Sonne gesucht und ich habe mir prompt mal wieder einen fetten Sonnenbrand von der Höhensonne geholt...)





  • Kaffee trinken und eine Riesenportion Eis im wohl einzigen Café der Stadt

  • mit einem Pisco Maracuyá auf Katis vollendete Bachelorarbeit anstoßen

  • am Flüsschen der Stadt entlang spazieren

  • im Foodcorner des fetten Einkaufszentrums der Stadt (das überhaupt mal gar nicht da rein gepasst hat und schwer im Kontrast zum Mercado stand, der direkt daneben lag) Hamburguesa a lo Pobre (Hamburger mit Banane und Ei) gegessen

  • Kino auf Spanisch mit 'Mi villano favorito 2' ('Ich einfach unverbesserlich 2')
Weiter hat uns dann die Reise nach Huancavelica geführt. Die ärmste Region Perus ist absolut kein Ziel von Touristen und so waren wir wirklich die Einzigen Weißen dort. Allein schon die Fahrt dorthin hat uns gezeigt, dass wir uns nicht in Cusco aufhalten. Aber diese Fahrt war mit das Coolste, was wir auf unserer Reise gemacht haben.


Es gibt in ganz Peru nur fünf Zugstrecken. Zwei davon bei Cusco zum Machu Picchu und eine von Puno nach Cusco. Die vierte führt von Lima nach Huancayo. All diese Züge fahren ausschließlich für Touristen, Einheimische nutzen sie kaum – sie sind auch viel zu teuer dafür. Und dann gibt es da noch eine kleine Zugstrecke vonHuancayo nach Huancavelica, die ausschließlich von Einheimischen genutzt wird (und Kati und mir...). Für neun Soles (2,50 Euro) kann man in sechs Stunden gemächlich nach Huancavelica fahren und dabei die wunderschönste Aussicht auf die Anden genießen. Es war einfach unglaublich toll und ich bin froh, alles gut in meiner Erinnerung gespeichert zu haben – die Fotos spiegeln das alles leider überhaupt nicht wieder.




Huancavelica selbst ist eine recht kleine Stadt mit wunderschönen hohen grasgrünen Bergen rundherum. Es hat mir auf Anhieb gefallen und ohne bestimmten Grund ist sie nun eine meiner peruanischen Lieblingsstädte. Es waren absolut keine anderen Touristen da außer Kati und mir und das hat uns rund um die Uhr von sämtlichen Personen neugierige und manchmal auch eher starrende Blicke eingebracht. Es war etwas nervig, dass man so extrem aufgefallen ist, obwohl ich das in Peru ja mittlerweile gewöhnt bin und gut zu ignorieren weiß.


Aber durch die Tatsache, dass es dort keine Touristen gibt, war alles einfach total untouristisch und das hat die ganze Stadt zu hundert Prozent peruanisch gemacht. Das war es glaube ich auch, was mir dort so gefallen hat. 100% peruanische Andenstadt, so wies mir gefällt :).


Unser Programm dort war noch gemütlicher als schon in Huancayo. Attraktionen gibt es im Umfeld kaum und so haben wir es uns einfach mit unseren Büchern und Bändchen ein Stück den Berg nach oben in einer Wiese gemütlich gemacht und nebenbei die strahlende Sonne genossen. 


Mindestens zweimal hat uns unser Weg täglich in eine Juguería geführt wo es von Lúcuma über Fresa bis hin zu Mango die genialsten Säfte gab, kombiniert mit lecker Sandwiches.


Am Sonntag war dann zufällig der Geburtstag der Stadt, 442 Jahre ist sie alt geworden. Am Abend zuvor war deshalb schon ein Konzert verschiedener Gruppen auf der Plaza. Bis sehr spät in die Nacht wurde gespielt, was wir in unserem Zimmerchen in einem Hostal direkt an der Plaza dann auch bis zum Ende hin gehört haben. Es wurde viel traditionelle Andenmusik gespielt, die aber ehrlich gesagt nach einer Weile etwas nervig ist – jedes Lied klingt einfach total gleich. Am Ende gabs dann noch ein kleines Feuerwerk, das wir allerdings von unserem Zimmerfenster aus betrachtet haben, da es so hoch oben nachts einfach unglaublich kalt ist und wir dringendst unter die Bettdecke mussten.
Am Sonntag selbst war dann eine lange Parade von ganz vielen verschiedenen Gruppen, die alle traditionelle Andenkleidung trugen und von Musik begleitet wurden. Viele waren dabei noch mit bunten Luftballons und Luftschlangen dekoriert. Unmengen an Menschen haben dabei zugesehen und ich habe mich ein wenig wie bei einem Fasnetsumzug gefühlt, als dann sogar angefangen wurden, Bonbons in die Mengen zu werfen. Die einzelnen Gruppen haben dabei ihre traditionellen Tänze getanzt und es war super toll und interessant, das mit anzusehen. Nach drei Stunden sind wir dann irgendwann gegangen, es ging aber noch eine ganze Weile sogar weiter.






Und dann haben wir uns nach drei Tagen auch schon wieder vom schönen Huancavelica verabschiedet, mit dem Bus gings zurück nach Huancayo und von dort über Nacht dann nach Huánuco. In dieser zwar netten, aber relativ langweiligen Stadt haben wir einen unspektakulären Tag verbracht, bevor wir uns dann mit dem Colectivo auf nach Tingo María gemacht haben. Dort war der Treffpunkt für unseren gemeinsamen Freiwilligenausflug am Ende der Ferien. Da mit dem Ende der Ferien sich unsere Freiwilligengemeinschaft nach und nach auflöst und der Großteil früher oder später schlussendlich nach Hause fährt, haben wir noch einen kleinen gemeinsamen Ausflug mit Familia San Voluntario geplant, dazu kam dann noch Bells Bruder Patrick, der sie über die Ferien besucht hat.
Tingo María kann einigen schon bekannt vor kommen, den davon habe ich schon einmal erzählt. Es ist ein kleiner Ort am Beginn des Dschungelgebietes und dort habe ich damals im April schon einige Tage mit meinen Eltern und meiner Schwester verbracht.
Die Wasserfälle, die man dort hochklettern kann und die Tatsache, das von den Freiwilligen einige noch nie in der Selva waren, hat uns dann dort hingetrieben. Und es war wunderschön dort, einfach wir alle zusammen und die Sonne, die zwei Dinge haben schon ausgereicht, um uns allen zwei tolle Tage zu bescheren.


Begonnen haben wir die gemeinsame Zeit mit einem Jugo, por supuesto. Chirimoya con Leche in Tingo ist einfach nur genial und wurde in den zwei Tagen auch noch mehrere Male wiederholt. Dann gings zu einem kleinen See, an dem wir chillten und Karten spielten und uns vor Hitze kaum bewegen wollten. 



Den Abend verbrachten wir in einer sehr coolen Bar, die spannende Cocktails mischt. Die Namen klingen schon sehr vielversprechend und wenn man die Zutaten liest, kennt man grundsätzlich mindestens die Hälfte sowieso nicht. So war es immer eine Überraschung, was man nun letztendlich bekommt. Das ein 'Nunca más' (Nie wieder) einfach nur entsetzlich schmeckt, war zwar von Anfang an klar, aber er musste von den Jungs natürlich bestellt werden...

Und dann ging es auch schon die Wasserfälle hoch! Es war super cool und unglaublich lustig, wir haben geklettert und gejubelt und geplanscht und am Ende im See unter dem letzten Wasserfall gebadet und getaucht, bis wir alle von dem ziemlich kalten Wasser fast gefroren haben. Immerhin ist die Luft so warm, das das überhaupt nichts macht. Es war eine echt coole Sache! :) 







Und dann ging es auch schon zurück nach Lima, unter die graue Decke und weg von der Sonne... und zum Ende unserer Ferien. Blieben noch drei Wochen zu Arbeiten für mich. Meine Jungs alle wiederzusehen war aber auch wunderschön und ich versuche jeden Augenblick, den ich noch mit ihnen habe, zu genießen.  

Dienstag, 13. August 2013

Eiskalter Winter mit wärmenden Umarmungen

Die letzten Wochen waren geprägt vom limeñischen Winter. Grau, kalt, feucht. Ungemütlich.
In den kommenden drei Wochen wird es genauso aussehen. Und in den Wochen danach ebenso, dann werde ich es nur nicht mehr miterleben. Anstatt dicken Alpakapullis und Socken hoffe ich auf schönen deutschen Spätsommer mit viel Sonne.
Ja, der Winter hier in Lima ist so eine Sache. Der graue Himmel und die ewige Kälte sind mit Sicherheit keine Stimmungsaufheller, im Gegenteil. Mit täglichen fünf Tassen Tee versucht man sich zu wärmen und die Strumpfhose unter der Jeans ist zumindest für mich fast obligatorisch. Denn Heizungen oder irgendwie auch nur annähernd warme Innenräume in Peru – Fehlanzeige. Es ist draußen kalt und drinnen kalt, morgens und mittags und abends und nachts sowieso. So tragen alle Leute rund um die Uhr und überall Schuhe und Jacke. Wäsche nimmt man klamm von der Leine, mehr wird da eh nicht trocken. Die Feuchtigkeit, die in der Luft hängt, geht bis auf die Knochen und da scheint eine schöne heiße Dusche der einzige Ausweg – insofern es nicht plötzlich nur noch kalten Wasser gibt. Was glücklicherweise nicht all zu oft passiert.
Da vermisst man doch ein klein wenig die gemütliche Wärme des Holzofens oder auch einfach nur die Sonne. Denn die lässt sich grundsätzlich überhaupt nicht mehr blicken. Die hat vor lauter stechend hellgrauen Himmel aber auch gar keinen Platz da oben.

Gut, das ist so ungefähr die winterliche Stimmung, die hier in Lima seit einigen Wochen herrscht und noch viele weitere Wochen weiter herrschen wird. Da kamen uns die Winterferien, die kurz vor dem 28. Juli, dem Unabhängigkeitstag und somit wichtigstem Nationalfeiertag des Landes, begonnen haben, gerade recht. So habe ich mir durch eine weiter kleine Reise in die Anden und den Dschungel die nötige Sonne verschafft und kurz vor Schluss noch ein wenig Abwechslung in den Arbeitsalltag bekommen.

Bevor die Ferien jedoch angefangen haben, war erst noch eine wichtige und anstrengende Zeit für meine Chicos – die Examenswoche. Auch in der zweiten und dritten Klasse werden hier viermal im Jahr Klausuren geschrieben, in jedem Fach eine, alle innerhalb weniger Tage. Das hieß also lernen, lernen, lernen. Zumindest hieß es das im letzten Jahr noch, mir erschien die Woche dieses Mal dann doch nicht so stressig. Ich hatte noch in Erinnerung, bis halb zehn mit den Jungs dagesessen zu sein um auch allen alles Wichtige irgendwie in den Kopf zu bekommen. Doch für diese Klausuren schien alles lockerer zu sein – wer weiß, wie sich das später noch auf die Noten auswirkt.
Ansonsten waren meine Arbeitstage vor den Ferien so wie viele andere Arbeitstage, es gibt nicht besonders viel Spannendes zu berichten. Ich habe nur in der letzten Zeit gemerkt, dass ich nicht mehr ganz so angespannt bin, bzw. alles eher ziemlich locker sehe gerade. Das heißt, wenn meine Jungs sich mal nicht ganz so verhalten, wie sie sollten, bin ich lange nicht mehr so schnell böse mit ihnen und mache eher selbst mit ihnen so viel Unsinn wie nur geht. Mir steht mit ihnen jetzt gerade viel mehr wieder der Spaß im Vordergrund als der Versuch, sie noch weiter mitzuerziehen.
Und diese Tatsache gefällt mir natürlich sehr. Ich merke immer wieder, wie sehr mir die Kleinen doch ans Herz gewachsen sind. Manchmal betrachte ich sie einfach nur und sehe sie in den alltäglichsten Situationen mit ihren Gesichtsausdrücken, die mir mittlerweile einfach so vertraut sind. Und dann muss ich lächeln und denke mir, ich liebe meine Jungs.
Ganz oft kommen sie auch einfach zu mir und geben mir eine Umarmung, manchmal auch ein Küsschen. Ganz oft geh ich einfach zu ihnen und umarme sie, geb ihnen ein Küsschen auf die Backe. Und wenn dann ein süßer kleiner Paúl einem jeden Abend beim Gute Nacht Sagen ein 'Te quiero' ins Ohr flüstert und einen intensiv drückt und nicht mehr loslassen möchte – dann möchte man sie eigentlich nicht verlassen müssen.

Doch genau da gegen kann nichts unternommen werden. Genau heute in schon drei Wochen befinde ich mich wieder auf deutschem Boden. Kann nach so langer Zeit endlich mal wieder all meine Lieben zu Hause in den Arm nehmen. So sehr ich so viele Dinge hier in Peru vermissen werde, so sehr freue ich mich auch auf so viele Dinge wieder in Deutschland.
Es ist schwer, diese zwiespältigen Gefühle zu beschreiben, man fühlt sich hin- und hergerissen. Ich weiß, dass ich die beiden Welten, in denen ich lebe, nicht vereinen kann. Und so muss ich eine aufgeben, um in die andere zurückkehren zu können. Auch wenn das nun vielleicht ein wenig melancholisch klingt – aber es ist ein wilder Gefühlswirrwarr, der nur noch intensiver wird, je näher der tatsächliche Abflug dann rückt.

Und der ist nun wirklich schon in weniger als drei Wochen – ich freue mich auf euch alle!


An dieser Stelle wollte ich mich noch einmal bei allen fleißigen Lesern oder wenigstens fleißigen Bilderanschauern bedanken - es wurde gerade die 10.000 bei den Besucherzählern geknackt! Coole Sache :) 

Sonntag, 21. Juli 2013

Open-Air im tiefsten Winter - und sonstige Kleinigkeiten

Open-Air im tiefsten Winter – und dazu auch noch die Sicherheit, dass es auf gar keinen Fall regnen wird. Das ist wohl auch nur in Lima möglich.
Zwei sehr bekannte Latino-Sänger haben gestern im Nationalstadion gemeinsam ein Konzert gespielt. Juan Luis Guerra und Romeo Santos, beide aus der Dominikanischen Republik und mit einer großen Anzahl feinster Bachata-Lieder im Gepäck. Mal mehr, mal weniger typisch lateinamerikanische Liebesschnulzen, aber alle Lieder einfach nur total genial und wunderbar tanzbar.
Alle Ciudad-Freiwilligen, die gerade so da sind (wir sind gerade nur noch sieben Stück, es wird immer weniger...), haben sich gemeinsam auf den Weg dorthin gemacht. So hatten wir eine geniale Nacht zusammen und ein tolles Konzert mit viel Spaß und viel viel Tanz.


Gelernt vom letzten Mal (dieses Mal wussten wir, dass es draußen stattfinden wird), hatten wir uns natürlich entsprechend mehr Jacken angezogen. Aber da man es ja immer falsch macht, war dieses Konzert gar nicht so arg kalt wie das letzte – obwohl es mit Mitte Juli nun wirklich mitten im tiefsten Winter ist. Aber vielleicht war das Estadio Nacional auch etwas windschützender als der Platz von Reik und Jesse y Joy.
Mal das riesengroße Nationalstadion von Lima betreten zu können war auch eine coole Sache. Von Außen hatte ich es nun schon mehrmals gesehen, doch von Innen wirkt es noch einmal beeindruckender. Die obersten Ränge waren mal wieder so luxuriös, dass es zwar zu Lima, aber überhaupt nicht zu Peru passt.
Da wir keine mehreren hundert Soles für die vordersten Plätze ausgeben wollten, befanden wir uns wieder nur im hintersten Teil. Trotz der eher kleineren Größe der normalen Peruaner war dadurch die Sicht nicht die Beste – aber wir hatten ja uns und eine gute Stimmung, die alles wett gemacht hat.


Erwähnenswert wäre wohl auch noch die Taxifahrten hin und zurück, die wir zu siebt plus Fahrer auf uns genommen haben. Es war eng und unbequem, aber billiger. Und singend auf der Hinfahrt und schlafend auf der Rückfahrt auch irgendwie möglich.



Bevor es los zum Konzert ging, haben wir (zumindest ein Teil von uns) die Hauptzeit des Tages in der Küche verbracht. Puerto Rican Night war das Motto des Tages, da Lauras Familie aus Puerto Rico kommt (sie selbst aber aus den USA). Empanadillas und Alcapurrias standen auf dem Plan, dazu Guacamole und Ají. Empanadillas sind mit Fleisch oder Gemüse gefüllte Teigtaschen, die dann frittiert werden. Alcapurrias sind mit Fleisch gefüllte Kugeln aus einem Teig, der aus Kochbananen und Yautia (eine Wurzel) besteht.
Dafür wurde den ganzen Tag geschnippelt und gebraten geformt und später dann frittiert – das Ergebnis war mal wieder einfach nur lecker.



Nach so tollen gemeinsamen Erlebnissen merke ich immer wieder, wie wichtig mir doch meine freiwillige Familie hier geworden ist und wie sehr ich sie nicht missen möchte. Und doch rückt das Ende nun immer näher – es fehlen noch sechs kleine Wochen.
Gleichzeitig freue ich mich aber mittlerweile auch immer mehr auf die Heimat und alle lieben Leute, die mich dort erwarten. Es ist zwar sehr traurig hier gehen zu müssen, doch die Vorfreude auf deutsche Dinge, die einem ein Jahr lang nicht zugänglich waren, wächst auch.
Dazu kommt dann noch die Arbeit. Die letzten Tage war ich ein wenig krank, weswegen ich nicht so viel Zeit diese Woche im Pabellón verbracht habe. Am Freitag waren die Jungs dann mal wieder echt toll und haben begeistert mit mir Fotos gemacht und auch die Alabanza ist jedes Mal wieder schön. Doch es gibt auch sehr viele sehr anstrengende Momente an einem normalen Arbeitstag und wir Freiwilligen fühlen uns alle ziemlich ferienreif. Noch dreieinhalb Tage, dann ist das aber jetzt auch schon so weit. Die Winterferien stehen vor der Tür, gemeinsam mit dem Nationalfeiertag, für den schon seit Anfang Juli das ganzen Land (gut, ich weiß es eigentlich nur von Lima) in rot und weiß erblüht. Unmengen an Fahnen und Bannern und Schildern schmücken die ganze Stadt und alle paar Meter kann man irgendwo „Feliz Día Perú“ oder „Felices Fiestas Patrias“ lesen. Ich liebe es, wie stolz die Peruaner auf ihr Land sind.
Das wird hier nun eine bunte Mischung aus allem, aber zum Nationalfeiertag am 28. Juli gibt es auch noch eine kleine Geschichte aus der Ciudad zu erzählen. Es gibt hier diese Escarapelas, das sind Anstecknadeln mit der peruanischen Flagge oder einem Banner. Ein paar meiner Jungs haben die an ihrer Schuluniform getragen. In der ersten Juliwoche ging es dann wie jeden Morgen zur Schule und plötzlich gab es neue Regeln. Es ist nun nicht mehr nur Pflicht, seine Krawatte zu tragen und sein Hausaufgabenkalender dabei zu haben (ohne darf man nicht die Schule nicht betreten), auch die Escarapela gehört nun zur Pflichtausstattung dazu. Das hieß, das mehr als die Hälfte meiner Jungs vor dem Schuleingang stand und keine rot-weiße Anstecknadel hatten. Wegen so etwas wird ihnen der Zugang verwehrt, so ganz muss man das nicht verstehen. Nach und nach kamen dann die anderen Pabellons und die halbe Ciudad stand vor der Schule und durfte noch nicht eintreten. Währenddessen gingen verschiedenste Tutoren und Pre-Tutoren auf die Suche nach weiteren Escarapelas, einige meiner Jungs bekamen von ihren großen Brüdern welche zugesteckt und irgendwie schafften es dann bis zur letzten Minute doch noch alle, sich eine zu beschaffen um in die Schule zu dürfen. Ob das wichtiger ist als der Unterricht, bleibt hierbei natürlich offen...

Lima noch einmal von einer etwas anderen Seite habe ich bei unserem DRK-Juli-Monatstreffen kennen gelernt. Dieses fand bei Stella statt, die in Santa Rosa wohnt, das so weit nördlich wie nur möglich in Lima liegt. Dadurch bestand unser Treffen, das vom Verlassen der Ciudad bis zur Rückkehr dorthin insgesamt elf Stunden ging, auch aus sechseinhalb Stunden Reise in Bus, Moto und Auto und viereinhalb Stunden Quatschen, Essen und Besichtigen. Aber gut, das sind wir in Lima ja mittlerweile gewöhnt und ein „wir brauchen drei Stunden mit dem Bus, um Stella zu besuchen“ weckt zwar keine Freude, ist aber irgendwie normal geworden. Genauso wie auch ein „lass und mal in ein Café gehen am Sonntag“ stets mit jeweils einer Stunde Busfahrt hin und zurück verbunden ist.
Bei Stella befanden wir uns dann in einem Viertel, das Limas unglaublich unterschiedliche Facetten zeigt. Miraflores mit seinen Glashochhäusern und heilen geteerten Straßen, mein Viertel San Juan de Miraflores mit kaputten Straßen und vergitterten, eher weniger schönen kleinen Häusern und dann Santa Rosa/Pachacútec, das komplett nur aus Holzhütten mit Wellblechdächern besteht und einem Boden, der eher an Strand als Straße erinnert, da es einfach nur Sand gibt.


Stella arbeitet in einer Schule als Englischlehrerin (und macht viel mehr, als eine Freiwillige eigentlich tun sollte) und so haben wir natürlich ihre Schule besucht. Es war wirklich krass, das das komplette Gelände einfach nur aus einem großen Sandhaufen besteht. Ihre Kinder waren aber alle unglaublich süß und wir mussten in sämtliche Klassen gehen und wurden auf Deutsch begrüßt und verabschiedet, was Stella ihnen extra beigebracht hatte.


Ich habe zwar nicht so den Vergleich, da ich jetzt das erste Mal erst da war, doch an Stellas Schule sieht man sehr gut, wie sehr diese Stadtteile am Rande Limas in der Entwicklung sind. Über das letzte Jahr wurden dort eine Bibliothek eingerichtet, weitere Klassenzimmer und eine Kapelle gebaut und erst in den letzten Wochen wurde die Mauer um das ganze Gelände herum erbaut.
Bei ihrer Familie, die im besseren Teil von Santa Rosa wohnt und ein echt super schönes Haus besitzt, haben wir dann noch lecker Papa Rellena gegessen, bevor die lange Rückreise angetreten wurde. Richtig schön an diesem Viertel ist auch, dass es direkt am Meer liegt und Stella hat von ihrer Terrasse den tollsten Meerblick. Es war total neblig an diesem Tag, Winter in Lima, man konnte teilweise nicht mal hundert Meter weit sehen. Doch im Sommer muss es da oben total schön sein, abgesehen von den vielen hohen Sandbergen drumherum.


Das war dann auch schon unser vorletztes Treffen. Das nächste Mal, wenn wir uns alle zusammen sehen, wird dann schon das Abschieds-Monatstreffen sein.


Zum Abschluss an diesen Blogeintrag mit einer wilden Mischung an Themen gibts jetzt noch ein paar Fotos von meinen Kleinen :)

Bis bald mal wieder!